Dr. Dr. h.c. Alois Bürli war Gründungsdirektor der Schweizerischen Zentralstelle für Heilpädagogik (heute: Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik). Nach seinem Studium in Logopädie und Heilpädagogik an der Universität Fribourg und einem weiteren Diplom in Psychologie übernahm er am 01.11.1972 die Leitung der Schweizerischen Zentralstelle für Heilpädagogik. Zuvor war er als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes an der Universität Freiburg im Breisgau mit den Schwerpunkten der Psychodiagnostik und der Klinischen Psychologie, sowie ab 1967 als vollamtlicher Mitarbeiter am Heilpädagogischen Institut der Universität Fribourg und (von 1969-1972) als Stipendiat des Schweizerischen Nationalfonds an der Universität Konstanz und an verschiedenen Universitäten in den USA tätig gewesen. Als Direktor der SZH war es hierbei seine Aufgabe die Koordination der Ausbildung im Bereich der Heilpädagogik umzusetzen. Der zentrale Auftrag bestand hierbei darin, die Schaffung von nationalen Rahmenprogrammen für neue und spezialisierte Ausbildungsgänge in den heilpädagogischen Arbeitsfeldern umzusetzen.

Als Alois Bürli seine Arbeit zu Beginn der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts antrat, gab es in der gesamten Schweiz drei Ausbildungsinstitute, an denen sich Lehrpersonen in Heil- und Sonderpädagogik ausbilden lassen konnten. Heute existieren in der Schweiz sechzehn Ausbildungsstätten hierzu. Alois Bürli hat in seiner Funktion als Direktor diese Organisation sowohl strukturell als auch inhaltlich in hohem Maße professionell geprägt und innovativ gestaltet, so dass die SZH schon in seinen Jahren (er hat sie bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2001 geleitet) weit über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt und einflussreich war. Zudem war Alois Bürli der Initiator und langjährige Moderator der Inselgespräche. Dieses war ein sehr freies Diskurs- und Diskussionsforum zu Themen der Heilpädagogik unter internationaler Beteiligung unterschiedlicher Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Generationen. Es gelang ihm hierbei stets mit den Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern in Ruhe – und im dialogischen Raum einer kreativen Freiheit – einen persönlichen und gleichermaßen fachlich-professionellen Austausch zu gestalten, um so die jeweiligen Themenbereiche ideenreich weiter zu gestalten. Einige Ergebnisse dieser Gespräche wurden auch publiziert. Ich durfte an den letzten Gesprächen teilnehmen und habe Alois Bürli als professionell versierten und humorvollen Moderator dieser Gespräche erleben dürfen. Er stellte immer noch einmal wieder eine Frage, wenn scheinbar alle anderen Gesprächsteilnehmer:innen mit den Ergebnissen schon zufrieden waren. So hat er den jeweiligen Diskus innovativ und mit einer weitsichtigen und klugen Tiefenschärfe begleitet und vorangebracht.

Alois Bürli war des Weiteren ein ausgewiesener Experte auf den Feldern der internationalen Heil- und Behindertenpädagogik. Er hat hierzu gelehrt – unter anderem an der Evangelischen Hochschule in Darmstadt. Zudem hat er im Jahr 2020 eine zukunftsweisende und umfassende Schrift zu den Grundlagen und Perspektiven einer Internationalen Pädagogik für und mit Menschen mit Beeinträchtigung vorgelegt. Die Ausführungen hierzu werden sicherlich auch in den nächsten Jahren noch für die Handlungswissenschaft der Heilpädagogik bedeutsam sein.

Alois Bürli starb am 06.10.2023. Mit seinem Tod verliert die Heilpädagogik einen profunden Fachmann, innovativen Gestalter und kollegialen Gesprächspartner.

Heinrich Greving, BHP-Vorsitzender