Heilpädagogik ist eine Disziplin und Profession der Erziehungswissenschaften, die Faktoren und Wechselwirkungen von Behinderungsgeschehen subjekt- und strukturbezogen identifiziert und reflektiert. Es werden Maßnahmen entwickelt und gestaltet, die Teilhabezugänge eröffnen und begleiten. Die Ziele heilpädagogischen Handelns sind vielfältig und berühren – je nach Arbeitsfeld und Auftrag – verschiedene Ebenen: Individuum, Umfeld, Gesellschaft, Politik. Gleichzeitig werden auf allen Ebenen folgende Ziele fokussiert:

  • Stärken, Interessen und Entwicklungspotenziale identifizieren
  • Teilhabemöglichkeiten stärken
  • Für Vielfalt und Einzigartigkeit sensibilisieren
  • Inklusives Gemeinwesen entwickeln

Wer darf sich Heilpädagogin, Heilpädagoge nennen?

Heilpädagogin beziehungsweise Heilpädagoge ist eine geschützte Berufsbezeichnung und bezeichnet einen Fach- oder Hochschulabschluss Heilpädagogik mit staatlicher Anerkennung.

Heilpädagog:innen erschließen fundiert und differenziert die Zusammenhänge und Dynamiken von Beeinträchtigungs- und Behinderungsgeschehen. Auf dieser Basis gestalten sie mit und für Menschen, die von Beeinträchtigung bedroht sind, Bildung, Begleitung, Beratung und Beziehung, stärken Ressourcen und reflektieren kontinuierlich exkludierende Strukturen.


Was bedeutet das „Heil“ in Heilpädagogik?

Das Heil- in Heilpädagogik verweist auf die Ganzheit des Menschen und meint weder ein medizinisches noch ein spirituelles Heilen.

Die Bezeichnung Heilpädagogik wurde im späten 19. Jahrhundert erstmalig verwendet. Seit Mitte der 1960er-Jahre wird eine fachschulische Qualifizierung Heilpädagogik angeboten und seit den 1970er-Jahren Hochschulstudiengänge zur Heilpädagogik. In den 1970er-Jahren wurden Lehramtsstudiengänge Sonderpädagogik entwickelt und die schulische Heilpädagogik etablierte sich mit diesem Terminus.

Weitere Bezeichnungen für die gemeinsame Wurzel Heilpädagogik entwickelten sich im deutschsprachigen Raum auf der Grundlage wissenschaftlicher Diskurse zum Phänomen Behinderung. Diese Bezeichnungen finden sich heute noch als disziplinäre Richtung und als Bezeichnung von universitären Studiengängen: Behindertenpädagogik, Förderpädagogik, Rehabilitationspädagogik, Rehabilitationswissenschaften, außerschulische Sonderpädagogik und weitere.

Die Heterogenität der Bezeichnungen ist einzigartig im Sozialwesen; sie zeigt auf die Komplexität und Uneindeutigkeit des Phänomens Behinderung und verdeutlicht den Anspruch an eine spezifisch heilpädagogische Theorie- und Handlungskompetenz im wissenschaftlichen Feld sowie im Bereich sozialer Fachleistungen.

Informationen zu Ausbildung und Studium der Heilpädagogik finden Sie unter: www.bhponline.de/ausbildung-und-studium


Wo sind Heilpädagog:innen tätig?

Heilpädagog:innen arbeiten mit Menschen jeglichen Lebensalters, die in benachteiligenden Lebensumständen leben und dadurch in einer eigenständig erlebten Lebensführung behindert werden. Benachteiligungs- und Behinderungsgeschehen resultieren aus einem Zusammenwirken von individuellen, strukturellen und sozialen Faktoren. Es zählt zu den heilpädagogischen Kernkompetenzen, Behinderungs- und Benachteiligungsprozesse personenorientiert in deren Vielschichtigkeit und Wechselwirkungen zu verstehen, die jeweiligen Faktoren in ihren Wirkungsweisen zu identifizieren und gemeinsam Handlungsmaßnahmen zu entwickeln, die das übergeordnete Ziel eines Mehr an Lebensqualität intendieren.

Heilpädagog:innen arbeiten vor allem in folgenden Bereichen:

  • Frühförderstellen
  • Heilpädagogischen Praxen
  • Kindertagesstätten
  • Schulen
  • Wohnformen
  • im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben
  • in der Erziehungshilfe
  • (Heilpädagogischen) Tagesstätten
  • Stationäre Jugendhilfe
  • Kinder- und Jugendpsychiatrien
  • psychiatrischen Institutsambulanzen
  • Hospizen
  • Beratungsstellen (Erziehungsberatung, Sozialberatung, Pränataldiagnostik, psychosoziale Beratung etc.)
  • Behörden der Jugend- und Eingliederungshilfe
  • an Fach- und Hochschulen
  • in der Erwachsenenbildung
  • in Verbänden.

Der BHP bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit zur Vernetzung und zum fachlichen Austausch zu ihrem heilpädagogischen Handlungsfeld in den BHP-Fachgruppen.

Zu den Fachgruppen


Wie groß ist die Berufsgruppe?

Laut einer internen Schätzung des Berufs- und Fachverbandes Heilpädagogik (BHP) e.V. gibt es etwa 40.000 bis 45.000 Heilpädagog:innen in Deutschland; offizielle Daten, beispielsweise seitens des Statistischen Bundesamtes, existieren nicht.

Laut einer Berufsfeldanalyse des BHP von 2011 sind gut 80 % der Berufsangehörigen weiblichen Geschlechts. Dieses Verhältnis hat sich wahrscheinlich auch heute noch nicht wesentlich geändert. Die Berufseinmündungschancen nach Ausbildung und Studium sind sehr gut; laut interner Evaluationsberichte der Hochschulen und Ausbildungsstätten kann direkt nach dem Abschluss eine Stelle angetreten werden. Verzögerungen resultieren in der Regel aus Erziehungs- oder Pflegezeiten.

Die Heilpädagogik zählt von ihrem Verständnis her zu den freien Berufen. Es besteht keine hoheitliche Zulassungserfordernis zur Existenzgründung als Heilpädagogin oder Heilpädagoge.

Der Einsatz in den verschiedenen Handlungsfeldern ist in den Rahmenvereinbarungen und Personalverordnungen der Länder und Kommunen geregelt.

Die Berufsgruppe wird in Deutschland durch den Berufs- und Fachverband Heilpädagogik (BHP) e.V. vertreten. Der Verband ist Herausgeber des BHP-Berufsbildes Heilpädagogik, welches den Beruf und seine Angehörigen umfassend darstellt. Link zu BHP-Berufsbild Heilpädagog:in.