Erstmals hat das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) einen Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland vorgelegt. Der rund 160-seitige Bericht wirft auch einen kritischen Blick auf die Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit Behinderungen.

Seit 2015 ist das Deutsche Institut für Menschenrechte gemäß des Gesetzes über die Rechtsstellung und Aufgaben des Instituts aufgefordert dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über die Menschenrechtssituation in Deutschland vorzulegen. Der nun erstmals veröffentlichte Bericht erfasst den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2016 und widmet sich im Besonderen dem Themenschwerpunkt Flucht und der Frage, wie in Deutschland die Menschenrechte der Schutzsuchenden bei ihrer Ankunft, ihrer Unterbringung und ihrem Aufenthalt umgesetzt wurden. Im folgenden Kapitel, unter der Überschrift „Kein Recht zu wählen. Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit Behinderungen“, thematisiert der Bericht ausführlich und unter Berücksichtigung aktueller Studienergebnisse den Ausschluss von knapp 85.000 Menschen mit Behinderungen vom aktiven und passiven Wahlrecht und macht deutlich, dass diese nach der aktuellen Rechtslage eines der zentralen Rechte der Demokratie nicht ausüben können.

Als besonders problematisch werden die Wahlrechtsausschlüsse nach § 13 Nummer 2 und Nummer 3 des Bundeswahlgesetzes (BwahlG) hervorgehoben. Diese regeln den Ausschluss von Personen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer (nicht nur durch einstweilige Anordnung) bestellt ist sowie für Personen, die sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden. Nummer 2 betrifft laut Bericht circa 81.000 Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen, die im Alltag in allen Angelegenheiten rechtliche Unterstützung benötigen. Von Nummer 3 sind über 3.000 schuldunfähige Straftäterinnen und Straftäter betroffen, die häufig eine Form der psychosozialen oder seelischen Beeinträchtigung haben.

„Alle Deutschen, ob mit oder ohne Behinderungen, haben das gleiche Recht zu wählen“, betonte die Direktorin des Instituts, Prof. Dr. Beate Rudolf, in einer aktuellen Pressemitteilung. Die Monitoring-Stelle UN-BRK des Deutschen Instituts für Menschenrechte hatte bereits 2011 empfohlen, im Rahmen der Umsetzung der UN-BRK und hier speziell des Rechts auf politische Partizipation nach Artikel 29, beide genannten Wahlrechtsausschlüsse zu streichen. Der Bericht macht deutlich, dass diese Empfehlung in Anbetracht der 2017 anstehenden Wahlen zum Deutschen Bundestag weiterhin aktuell ist.

Weiterführende Informationen:
Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland 2015/2016 Bericht an den Deutschen Bundestag gemäß § 2 Absatz 5 DIMRG. Der Bericht ist auch in einer Kurzfassung in deutscher, englischer und arabischer Sprache sowie in Leichter Sprache abrufbar:
www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsbericht/