Tarifeinigung erzielt – und für die HeilpädagogInnen ging noch was!

ver.di hat in der dritten Verhandlungsrunde am 18. Mai 2022 für die rund 330.000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst ein Verhandlungsergebnis erreicht. Die Einigung wertet sowohl die Arbeit der KollegInnen auf und schafft auch Entlastung. Damit wurde ein wesentlicher Schritt für dauerhaft bessere Bedingungen gemacht.

„Dieses Ergebnis ist den Kolleginnen und Kollegen in den Sozial- und Erziehungsdiensten zu verdanken, die in den vergangenen Tagen und Wochen gekämpft und gestreikt haben. Der Einstieg in Entlastung und die weitere Aufwertung ist gegen die erheblichen Widerstände der kommunalen Arbeitgeber gelungen. Das ist ein weiterer maßgeblicher Schritt, um die Berufe im Sozial- und Erziehungswesen attraktiver zu machen und wirksam gegen Fachkräftemangel vorzugehen.“ Frank Werneke (ver.di-Vorsitzender)

Die Verantwortlichen im BHP e.V. auf Seite des Vorstandes und der Geschäftsführung betrachten es als einen Erfolg ihrer jahrelangen Bemühungen, eine tarifliche Besserstellung für staatlich anerkannte HeilpädagogInnen, ausgebildet auf Fachschul-/Fachakademieebene, zu erwirken: das ist mit einer Binnendifferenzierung zur S 8 b und damit dem höheren Tabellenentgelt in der S 9, auf der diese Personengruppe eingruppiert ist, ab dem 01. Oktober 2024 erreicht. So wird auch noch einmal aus tariflicher Sicht deutlich, dass die Ausbildung zur HeilpädagogIn eine Weiterbildung auf der Basis eines staatlich anerkannten Erstberufes ist. Dies wird die Attraktivität dieser Fachschulausbildung stärken. Wichtig für unsere KollegInnen ist auch eine Verkürzung der Stufenlaufzeiten, die hochgerechnet auf die Lebensarbeitszeit ebenfalls grundsätzliche Verbesserungen bringt.

Hier die Ergebnisse in den Entgeltgruppen S 8a, S 8b und S 9

  • KollegInnen im schulischen Ganztag sind nun genauso einzugruppieren, wie die KollegInnen in den Kindertageseinrichtungen.
  • Über die Eingruppierung der Leitungsaufgaben im Ganztag ist noch zu sprechen.

Finanzielle Aufwertung:

  • Einführung einer Zulage von 130 € für die Entgeltgruppen S 8a, S 8b, S 9.
  • Erweiterung der Protokollerklärung zur „besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit“ durch die Aufnahme von FacherzieherInnen, Gruppen mit Kindern mit erhöhtem Förderbedarf und die Tätigkeit der insoweit erfahrenen Fachkraft nach § 8a SGB VIII. Damit besteht die Möglichkeit sehr viel mehr KollegInnen in die S 8b einzugruppieren.
  • Praxisanleitungen, die in den Entgeltstufen  S 8a, S 8b, S 9 und S 11a eingruppiert sind, erhalten erstmals für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 70 €,
  • Erhöhung der Werte in der S 9 ab dem 01.10.2024 – das heißt konkret: Ab dem 01. Oktober 2024 – also mit dem Zeitpunkt der Stufenlaufzeitanpassung – wird es eine Binnendifferenzierung zwischen der S 8b und der S 9 geben!

Hier die Ergebnisse für SozialarbeiterInnen und andere Berufsgruppen, also auch akademisch ausgebildete HeilpädagogInnen:

Finanzielle Aufwertung:

  • In den Entgeltgruppen S 11b bis S 12 sowie S 14 und S 15 (Fallgruppe 6) wird  eine Zulage von 180 Euro monatlich bezahlt.
  • Aufwertung der Schulsozialarbeit durch die Aufnahme in die Protokollerklärung Nr. 12 als „schwierige Tätigkeit“

Für alle oben genannten Entgeltstufen gelten die Verbesserungen von Arbeitsbedingungen durch Entlastung:

  • Zwei Regenerationstage pro Jahr pauschal für alle,
  • die Möglichkeit der Umwandlung von Teilen der Zulage in zwei weitere Regenerationstage, d. h. ein Teil der Zulage kann in diese beiden Entlastungstage umgewandelt werden, die dadurch reduzierte Zulage wird ausbezahlt. Die genauen Modalitäten dafür sind zwischen den Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden auszuhandeln. Es ist davon auszugehen, dass diese Entlastungstage im Kalenderjahr zu nehmen sind.
  • mehr Zeit für mittelbare pädagogische Arbeit durch die Ausdehnung der tarifvertraglich abgesicherten Vorbereitungszeiten auf 30 Stunden im Jahr (bisher im Westen 19,5 Stunden).

Weiter gelten für genannten Entgeltstufen die Anpassungen der Stufenlaufzeiten

  • Ab dem 01. Oktober 2024 verändern sich die Stufenlaufzeiten wie folgt.
  • Alle genannten Entgeltgruppen, die am 01. Oktober 2024 in der Stufe 2 eine Laufzeit von mehr als 2 Jahren (statt 3 Jahren) absolviert haben, werden ab diesem Zeitpunkt der Stufe 3 zugeordnet.
  • Beschäftigte, die am 01. Oktober 2024 in der Stufe 3 eine Laufzeit von mehr als 3 Jahren (statt 4 Jahren) erreicht haben, werden der Stufe 4 zugeordnet.

Für die S 8b gilt:

  • Beschäftigte in der Entgeltgruppe S 8b bei Tätigkeiten in der Fallgruppe 3, die am 1. Oktober 2024 in Stufe 4 eine Stufenlaufzeit von mehr als vier Jahren absolviert haben, werden zum 1. Oktober 2024 der Stufe 5 zugeordnet.
  • Beschäftigte in der Entgeltgruppe S 8b bei Tätigkeiten der Fallgruppen 1 oder 2, die am 1. Oktober 2024 in der Stufe 4 eine Stufenlaufzeit von mehr als vier Jahren absolviert haben, werden zum 1. Oktober 2024 der Stufe 5 zugeordnet
  • Beschäftigte in der Entgeltgruppe S 8b bei Tätigkeiten der Fallgruppen 1 oder 2, die am 1. Oktober 2024 in der Stufe 5 eine Stufenlaufzeit von mehr als fünf Jahren absolviert haben, werden zum 1. Oktober 2024 der Stufe 6 zugeordnet.

Für alle Stufen gilt:

Die Stufenlaufzeiten beginnen in den jeweiligen Stufen dann neu zu laufen.

Und noch einige weitere Informationen:

  • Wohnzulage: Die Beschäftigten – ausgenommen die in Entgeltgruppe S 8b bei Tätigkeiten der Fallgruppe 2 eingruppierten Beschäftigten – erhalten für die Dauer der Tätigkeit in einer besonderen Wohnform (insbesondere stationäre Einrichtungen, Wohngruppen für Menschen mit Behinderung im Sinne von SGB IX, Kinder- und Jugendwohnheimen oder vergleichbaren Einrichtungen [Heim]) oder in der ambulant unterstützten Einzelbetreuung, wenn diese als Präsenzleistung durchgängig für 24 Stunden täglich erfolgt, sowie in der Heimerziehung nach § 34 SGB VIII eine Zulage in Höhe 100,00 Euro, wenn dort ein überwiegender Teil der Menschen mit durchgängigem Unterstützungs- oder Betreuungsbedarf untergebracht ist beziehungsweisse betreut wird.
  • Alle Zulagen sind rentenanrechnungsfähig.
  • Sie können nicht einseitig von den Arbeitgebenden während der Laufzeit des Vertrages gekündigt werden, sondern nur gemeinsam mit dem Tarifvertrag, dessen Laufzeit bis zum 31. Dezember 2026 reicht.
  • Diese Tarifaushandlung gilt für alle Bundesländer, ausgenommen Berlin.

Wie geht es weiter:

Aus der Schlusserklärung vom 18. Mai 2022:

„Die betroffenen Tarifverträge werden mit Wirkung zum 1. Januar 2022 (Entlastungstage und Erhöhung der Vorbereitungszeit) in Kraft gesetzt. Abweichend davon treten die Nummer I. 2, II bis VIII, IX.1 und 2, X und XI zum 1. Juli 2022 in Kraft. Die vorstehenden Regelungen laufen mindestens bis zum 31. Dezember 2026. Die Arbeitgebervertreter erklären, dass von Maßregelungen (Abmahnungen, Entlassungen o.ä.) aus Anlass gewerkschaftlicher Arbeitskampfmaßnahmen, die bis einschließlich 18. Mai 2022 durchgeführt wurden, abgesehen wird, wenn sich die Teilnahme an diesen Arbeitskampfmaßnahmen im Rahmen der Regelungen für rechtmäßige Arbeitskämpfe gehalten hat. Die Erklärungsfrist endet am 17. Juni 2022“

Nun haben die ver.di-Mitglieder das Wort. Sie diskutieren in den kommenden Wochen das Einigungspapier. Bis Mitte Juni läuft die Mitgliederbefragung: sie endet am 17. Juni 2022. Entscheiden die ver.di-Mitglieder, diesen Aushandlungen zuzustimmen, unterschreiben die beteiligten Verantwortlichen der Verhandlungsgruppe den Tarifvertrag und er wird voraussichtlich zum 01. Juli 2022 gültig.

Die Vereinbarung hat, wenn sie angenommen wird, eine Laufzeit von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2026.

Informieren Sie sich umfassend auf den Seiten von ver.di: Sozial- und Erziehungsberufe – ver.di